VERMISST IN STALINGRAD – DIETER PEETERS

Wie ich es schon angekündigt hatte handelt es sich hier um einen nüchternen Bericht. Eher ein Heft mit 100 Seiten und 30 authentischen Fotos, statt um ein Buch. Die Kürze überschlägt sich allerdings in doppelt und dreifacher Intensität des Erlebten wieder.

Dieter Peeters bezeichnet sich selbst und seine Kameraden als die „lebenden Toten von Stalingrad“. Zum historischen Kontext kann man sagen, dass es sich dort um einen reinen Ego-Vernichtungskrieg der beiden Diktatoren handelte. Besonders nachdem die Stadt genommen und mehr oder weniger eh alles zerstört war, gab es keinen Grund dort länger zu bleiben. Die komplette Front war zu sehr überdehnt, wie er selbst schreibt auf S.53: „Mit der Schlacht um Stalingrad war aber auch die entscheidende Wende des Krieges verbunden. Wie viele andere erkannte ich damals, wie eiskalt die Menschen in Deutschland von ihrer Führung betrogen worden waren. Die höchsten Tugenden – Glaube, Treue, Gehorsam und Pflichterfüllung – waren missbraucht und beschmutzt worden.“

So begann das große Sterben. Ca. 300.000 Soldaten wurden eingekesselt, ca. 34.000 Verwundete konnten ausgeflogen werden. Etwa 91.000 gingen in Gefangenschaft, davon kamen höchstens 6.000 wieder in Deutschland an. Diese Zahlen kann man sich nicht mal vorstellen, so unglaublich hoch sind sie. 175.000 Soldaten starben im Kessel, weitere 85.000 starben auf den Märschen oder in der Gefangenschaft = 260.000 Soldaten die meist namenlos vermisst werden.

Ähnlich wie bei Viktor E. Frankl schreibt er sehr nüchtern, ohne große Anklagen. Interessant auch, dass er einen ähnlichen Satz benutzt: S.65 „Unter Soldaten gab es auf beiden Seiten anständige Menschen und charakterlose Individuen“. Dabei bezieht er sich positiv auf einen russischen Soldaten, der so tat als ob, er ihn filzte, doch in Wirklichkeit ihm ein paar trockene Brotstücken zusteckte

Die Märsche in die Gefangenschaft wurden nicht grundlos „Todesmärsche“ genannt. Wer austrat um seine Notdurft zu verrichten, musste damit rechnen erschossen zu werden, zu Essen und Trinken gab es die ersten Tage gar nichts. Wer das Tempo der Kolonne nicht halten konnte, wurde exekutiert. Auf Verwundung oder fehlende Ausrüstung wurde keine Rücksicht genommen. Wir reden hier vom Februar 1943, sprich einem russischen Winter. Marschier oder stirb im wahrsten Sinne des Wortes. Man kann es sich einfach nicht mal vorstellen.


Besonders verstörend empfand ich zu hören, dass das erste Lager für die Gefangenschaft (ein paar alte Baracken in der Pampa) nichtmal einen wirklichen Zaun hatte. Man lies den provisorischen Zaun aus den gefrorenen deutschen Leichen stapeln. Die Wachmannschaften waren waren auch nicht auf solch eine Masse an Gefangenen vorbereitet. Es gab keine Versorgung, besonders keine medizinische im ersten Jahr. Der Krieg war noch voll im Gange, Stalingrad als nächste Großstadt war dem Erdboden gleichgemacht worden und die Sowjets hungerten selbst. So kam es, dass 94% der Gefangenen erledigt verreckten. Als „normales“ sterben kann man es nicht mehr bezeichnen. Ich möchte mir nicht anmaßen einen Vergleich zu den anderen KZs zu ziehen. Alles war die Hölle auf Erden damals.

Doch Dieter Peeters überlebte, erst den Krieg, dann die Kesselschlacht, sowie 6 Jahre lang die Todeslager. Er kehrte 1949 in die BRD zurück und lebte noch ein langes Leben.

Zum Ende hin fiebert man förmlich mit und hofft das die Qualen und Strapazen für ihn endlich aufhören mögen.
Ich hätte mir gerne noch etwas mehr Text gewünscht wie es danach weiterging. Auch zu Beginn fehlt irgendwie etwas, da man direkt während des Russlandfeldzuges dem Vormarsch auf Stalingrad hineingeworfen wird.
Doch trotz der Kürze, würde ich aufgrund der Intensität immer noch 4/5 Sterne vergeben.